POSITIV LEBEN VS. POSITIVES DENKEN

Fragwürdige Nebenwirkungen durch positives Denken

Positives Denken ist in den letzten Jahrzehnten durch diverse Bücher und Motivationstrainer weit verbreitet worden. Glück und Erfolg sind durch positives Denken machbar geworden und durch die richtige, positive Denkweise kann ich meinen Erfolg selber programmieren. Mit zahlreichen Erfolgs-Stories wird diese Methode vermarktet. Positives Denken ist teilweise zu einer neuen Religion geworden.

Mittlerweile gibt es von wissenschaftlicher Seite auch kritische Stimmen und von der Gehirnforschung zahlreiche Untersuchungen über die Auswirkungen des positiven Denkens. Demnach können Menschen mit stabiler Psyche und gutem Selbstbewusstsein davon profitieren, labile Menschen mit schwachem Selbstbewusstsein erleben oft mehr negative als positive Auswirkungen. Positives Denken kann zur Verdrängung von Problemen, Realitätsverlust und einem Leben in einer Scheinwelt führen.

Der Mensch tendiert zu negativen Gedanken

Jeden Tag haben wir ca. 60.000 Gedanken, die automatisch ablaufen und etwa 95 % davon wiederholen sich. Davon sind 80 % sind negativ gefärbt. Unsere Gedanken sind jedoch nicht immer wahr. Sie sind vielmehr ein Konstrukt unserer Gedankenwelt und häufig das Ergebnis einer verzerrten Interpretation unserer Wahrnehmungen. Wir nehmen die Wirklichkeit durch die optimistische rosarote oder die pessimistische schwarze Brille wahr. Unsere Bewertung der Wahrnehmung macht den entscheidenden Unterschied, weil dadurch Gefühle ausgelöst werden, die in der Folge zu Hormonausschüttungen und Körperreaktionen führen. Für unsere Bewertung von Wahrnehmungen können wir Verantwortung übernehmen und damit unsere Gedanken steuern, wenn sie uns bewusst werden. Das Wechselspiel zwischen unseren Gedanken und Gefühlen führt zu unseren Haltungen. Daher ist es wichtig, dass wir uns nicht vom Automatikmodus unserer eingelernten (negativen) Bewertungen leiten lassen.

Negative Haltungen können zu gesundheitsschädlichen Gefühlen führen – wie Wut, Verachtung, Bitterkeit, bis hin zu Depressionen. Der ganze Körper wird dadurch beeinträchtigt. Sie beeinflussen den Rhythmus des Herzens, der Blutdruck ist erhöht, die Schulter- und Nackenmuskulatur verspannen sich und der Magen und Darmtrakt zeigt Beschwerden. Ebenso werden der Gesichtsausdruck sowie unsere Ressourcen und Beziehungen beeinflusst.

Die Zukunft positiv verändern

Eine positive Haltung kann die Zukunft verändern. Wiederholte positive Erfahrungen wirken sich auf das körperliche Wohlbefinden aus und innere Ressourcen werden aktiviert. Dazu kommen noch soziale Ressourcen. Durch eine positive Haltung können neue Möglichkeiten entdeckt werden, eine schnellere Erholung von Rückschlägen wird möglich und durch den verminderten Stress stellt sich meist ein besserer Schlaf ein.

Oft stecken wir in einer Tretmühle und sind nicht mehr in der Lage, die schönen Dinge in der Welt wahrzunehmen, jene Wunder, die uns berühren und dabei helfen, innerlich zu

wachsen. Wir sehnen uns nach Glück und stellen Bedingungen, wodurch wir es bekommen. Mehr Leistung, mehr Gehalt, mehr Erfolg und mehr Besitz sollen uns glücklicher machen. Manchmal würde es mehr helfen, durch den Park zu spazieren und achtsam die kleinen und großen Wunder der Natur wahrzunehmen um Glück zu erfahren.

Wege zu einem positiven Leben

Eine positive Grundhaltung kann erlernt werden. Nach Studien von Barbara Fredrickson brauchen wir für jede bedrückende Emotion drei positive Gefühle zum Ausgleich. Es geht nicht darum, negative Dinge zu verdrängen, sondern uns davon nicht vereinnahmen und überwältigen zu lassen. Ich darf erschrocken wahrnehmen, dass mir der Autofahrer vorhin den Vorrang nahm und ich bremsen musste. Lasse ich allerdings meinen negativen Gedanken freien Lauf, dann kann sich der Unmut darüber in eine unflätige Schimpfkanonade ausarten, die meinen Zorn nur noch mehr steigert. Durch diese Negativspirale von Gedanken und Gefühlen schade ich mir dann selber mehr als es der unachtsame Autofahrer tat.

Barbara Fredrickson benennt 10 Gefühle, die für den Aufbau einer positiven Grundhaltung wichtig sind:

Freude, Dankbarkeit, Heiterkeit, Interesse, Hoffnung, Stolz auf Gelungenes, Vergnügen, Inspiration, Ehrfurcht und Liebe. Diese Emotionen zu pflegen und bewusst im Leben zu suchen, fördert die psychische Gesundheit und Widerstandskraft (Resilienz).

Die Gehirnforschung bestätigt die Erfahrungen von Menschen, die Ihr Vertrauen auf Gott setzen:

Die Umwelt, in der wir leben, können wir nur in begrenztem Umfang beeinflussen. Wir können allerdings unsere Wahrnehmungen darauf zu richten, was uns jeder Tag an guten Dingen und an Herausforderungen bringt. Wenn wir unserem Schöpfer dafür danken, was er uns jeden Tag gibt, dann wird er uns auch die Kraft und die Gelassenheit geben, die negativen Dinge des Tages gut nehmen zu können. In der Bibel können wir nachlesen, dass Freude und Liebe unter anderem eine Frucht des Geistes Gottes sind, wenn wir unser Leben Jesus Christus anvertrauen. Dankbarkeit ist ein wichtiges Mittel, um unsere

Gedanken positiv auszurichten. Über 200 mal werden wir in der Bibel ermutigt und aufgefordert, unserem Schöpfer zu danken. Ehrfurcht und Demut werden in der Bibel ebenso öfters als wichtige Haltungen erwähnt. Diese beiden Begriffe drücken auf Gott bezogen eine Haltung aus, in der wir uns seiner Größe bewusst werden. In den Psalmen können wir lesen: „Wohl dem, der seine Hoffnung auf den Herrn setzt.“

Wege zur Entwicklung von positiven Gefühlen.

Das bewusste Wahrnehmen des aktuellen Momentes hilft mir, den Automatikmodus meiner Gedanken zu reduzieren. Zur Analyse einer Situation mit markanten Gefühlen, egal ob Positiv oder Negativ, kann ich mir folgende Fragen stellen:

Was habe ich wahrgenommen, als ich letztes Mal diese Gefühle hatte?
Das Gefühl wurde durch die Bewertung der Wahrnehmung ausgelöst.

Wo war ich und was tat ich gerade?

Die konkrete Beschreibung des Umfeldes der Wahrnehmung schärft mein bewusstes Wahrnehmen.

Gab es noch andere Wahrnehmungen, die dieses Gefühl auslösten?
Bewertungen haben eine Geschichte. Erfahrungen können meine Wahrnehmung einfärben, daher hilft es, ähnliche Situationen zu betrachten.

Was kann ich tun, um dieses Gefühl zu erhalten oder zu verhindern?
Ich bin meinen Gedanken und Gefühlen nicht ausgeliefert sondern ich kann mich entscheiden.

Welches Umfeld brauche ich dazu oder welches soll ich dazu vermeiden?
Alles, was wir aufnehmen, speichern wir. Wer sich z.B. Horrorfilme ansieht, darf sich nicht wundern, wenn seine Gedanken und Träume davon geprägt werden.

Merke ich, dass ich in bestimmten Situationen immer wieder ähnliche unkontrollierte Gefühle und Reaktionen zeige, kann ich die Warnsignale besser beobachten und schon früher reagieren.

Umgebe ich mich mit fröhlichen Menschen, kann ich von denen positiv angesteckt werden. Menschen, die mich negativ stimmen, kann ich meiden, wenn mir das bewusst ist.

Quelle: Barbara Fredrickson, Positive Emotionen

VERLETZTE SEELE- AUSLÖSER FÜR KONFLIKTE

Auslöser für Konflikte liegen oft weit zurück. An den banalen Dingen des Alltags entzünden sich oftmals Konflikte, die uns lange beschäftigen. Bei den einen ist es die Zahnpastatube, bei anderen der offene Klodeckel. Der Konflikt wird zwar durch eine aktuelle Wahrnehmung los getreten, die wahre Ursache für die Explosion ist allerdings häufig eine getriggerte alte Verletzung.

Ein Postkasten als Trigger für alte Verletzungen

Da die Mauer unseres Hauses dringend eine Sanierung brauchte, rückten vor kurzem die Bauarbeiter an. Eine Lampe, einige

Schalter und der Postkasten mussten dafür demontiert werden. Eine gute Gelegenheit, einen neuen Postkasten zu besorgen. Etwas größer sollte er sein als der bisherige, doch dann würde er an der bisherigen Position im Eingangsbereich stören.

Als die Bauarbeiter das Feld geräumt hatten und der neue Verputz trocken war, schritt ich ans Werk. Mit dem neuen Postkasten in den Händen probierte ich verschiedene Positionen, bis ich einen guten Platz dafür fand. Jetzt musste ich nur noch meine Frau von der neuen Platzierung des Postkastens überzeugen. Am besten soll sie mir gleich beim Montieren helfen, dachte ich mir. Dann wird es eine gemeinsame Arbeit, die alleine ohnehin mühsam ist und außerdem kann sie dann später nicht sagen: „Warum hast du den Postkasten nicht woanders hingegeben?“

Bewertung der Wahrnehmung führt zum Gefühl

Ich holte die Bohrmaschine, Schrauben und Dübel und da kam meine Allerliebste auch schon wie gerufen aus dem Garten. Zu zweit hatten wir schnell die optimale Position gefunden und entschieden. Für die exakte Montage holte ich ein Maßband. Als ich eine knappe Minute später wieder kam, war meine Frau verschwunden und das Gartentor verschlossen. Ich war ratlos. Wir wollten doch den Postkasten montieren. Während der Ärger in mir hoch stieg, sortierte ich meine Handlungsmöglichkeiten. Laut nach ihr rufen – die Nachbarn würden wahrscheinlich schneller da sein als sie. Den Schlüssel für das Gartentor holen und meine Frau suchen war eine andere Möglichkeit. Sie war einfach gegangen und hat mich allein gelassen!

Der Druck auf den Auslöseknopf

Ich spürte, wie sich neben dem Ärger der Schmerz über das Alleingelassen sein und eine Trotzhaltung in mir ausbreiteten, was zu einem inneren Dialog führten: „Ich krieg das auch alleine hin. Ich brauche sie gar nicht dazu!“ Es war etwas mühsam, den Postkasten ohne Assistentin zu montieren, denn ich habe leider nur zwei Hände. Doch schließlich schaffte ich es. Nur noch den Staub aufkehren und fertig. Der Besen war in der Gartenhütte. Also holte ich den Schlüssel zum Gartentor und entdeckte meine Frau im Garten. Sie lag gemütlich im Liegestuhl und ließ sich die Sonne auf ihr glücklich lächelndes Gesicht scheinen. Welcher

Frevel: Mich alleine lassen und sich in die Sonne legen. Das konnte ich nicht auf mir sitzen lassen und ließ meinem Ärger freien Lauf. Meine Allerliebste sah mich verwundert an und sagte nicht sehr viel. Doch ein Satz traf mich voll. „Wenn du was von mir willst, brauche ich klare Anweisungen!“ Da hörte ich meine eigenen Worte, die ich bei anderen Gelegenheiten gerne ihr gegenüber verwendet hatte. Meine Frau hatte mich mit meinen eigenen Argumenten geschlagen. Sollte ich jetzt lachen oder mich weiter ärgern? Ich suhlte mich noch eine Weile im Ärger, während ich aufkehrte. Meine Frau kam, um mein Werk zu bewundern und während wir gemeinsam aufräumten, ergab sich die Gelegenheit, die Situation zu klären.

Dass meine Frau unerwartet verschwunden war, als ich ihre Hilfe erwartete, stellte sich als Auslöser für eine alte Verletzung aus der Kindheit heraus. Darum reagierte ich heftig und trotzig und mein Handlungsspielraum engte sich ein. Als mich meine Frau mit meiner eigenen Weisheit konfrontierte, erkannte ich ihre Lernfähigkeit und dass auch ich nichts erwarten darf, was ich nicht ausspreche. Bedürfnisse klar auszudrücken ist ein wunderbares Werkzeug, welches Missverständnissen vorbeugt.

Veränderung ist möglich

Tipp: Gehen Sie den letzten Streit noch einmal in Gedanken durch. Was war der Auslöser? Durch welche Worte oder Verhaltensweisen wurden Sie besonders getroffen? Hat es Sie an frühere Konfliktsituationen erinnert. Wie haben Sie darauf reagiert? Nehmen Sie sich Zeit, wahrzunehmen, welche Erinnerungen, Gedanken oder Bilder auftauchen. Sind bestimmte Muster zu erkennen, wie Ihre Konflikte ablaufen? Das bewusst machen der inneren Abläufe in einer Situation ist ein wichtiger Schritt zur Veränderung und zur Heilung alter Verletzungen.

RICHTIG STREITEN

Streiten ist gesund und hat positive Auswirkungen auf den Kreislauf und das allgemeine Wohlbefinden. Das bestätigen mehrere Studien zu diesem Thema. Ärger unterdrücken wirkt sich dagegen negativ auf das Immunsystem aus und das kann lebensverkürzend sein.

Entscheidend für die positive Wirkung von Streit ist eine gute Streitkultur. Ärger ausdrücken und seine Wünsche benennen führt zu einem Gefühl der Selbstkontrolle und zu Optimismus. Menschen, die sich gegenüber der Meinung anderer gut abgrenzen können, sind außerdem erfolgreicher und zufriedener als solche, die um des lieben Friedens Willen Ärger hinunterschlucken. Diese leiden wesentlich öfter an Beschwerden des Magen- Darmtraktes und anderen psychosomatischen Beschwerden. Unterdrückter Ärger führt zum Anstieg des Stresshormones Cortisol, wodurch das Immunsystem geschwächt wird. Offen miteinander streiten und eine gute Lösung finden, kann zur Ausschüttung von Glückshormonen führen. Dadurch werden Beziehungen sowohl im Beruf als auch im Privatleben gestärkt. Bei Langzeituntersuchungen konnte nachgewiesen werden, dass zufriedene Menschen eine höhere Lebenserwartung haben.

Wie können wir richtig streiten?

Die meisten Menschen wollen in Frieden leben und haben ganz bestimmte Vorstellungen, was sie dazu brauchen. Sobald jemand diesen Zustand stört, kommen wir in Stress und es kommt zum Konflikt. Die Ursache kann der Partner sein, der zu viel Geld ausgegeben hat, der Nachbar, der zur falschen Zeit Rasen mäht oder der Chef, der fünf Minuten vor Arbeitsende noch mit einem wichtigen Auftrag kommt, der unbedingt noch erledigt werden muss.

Oder: Ein Kollege parkte mehrmals auf deinem reservierten Firmenparkplatz und du musstest daher einige Runden fahren und weit weg vom Tor parken. Die typische Reaktion ist, dass dir der Kragen platzt und du den Kollegen zur Rede stellst: „Ständig stehst du mit deinem Auto auf meinem Parkplatz … Ein Wort gibt das andere und die Situation eskaliert.

Als eine Möglichkeit zur positiven Konfliktklärung hat sich das 4- Schritte Programm nach M. Rosenberg bewährt.

Schritt 1: Problem benennen. Was habe ich wahrgenommen (was stört mich), ohne zu bewerten. Das klingt sehr einfach, doch bei genauem Hinsehen merken wir, dass wir es in unserem Sprachgebrauch gewohnt sind, zu werten und zu verurteilen. Verallgemeinerungen wie, „das machst du immer so“ oder „schon wieder tust du das,“ verschärfen die Situation. Wichtig ist, dass nur die aktuelle Wahrnehmung angesprochen wird.

„Diese Woche hast du zwei Mal auf meinem Parkplatz geparkt.“

Schritt 2: Die eigenen Gefühle wahrnehmen und ansprechen. Das hilft, die Gefühle unter Kontrolle zu bekommen, bevor sie sich verstärken und Macht über mich bekommen. Ebenso ist es wichtig, sich in den anderen einzufühlen. Wenn mich etwas ärgert, hat das meist damit zu tun, dass ich den anderen für sein Verhalten verurteile.

„Ich bin irritiert, weil jeder von uns einen reservierten Parkplatz hat.“

Schritt 3: Bedürfnisse benennen. Die meisten Menschen können zwar sagen, was sie stört aber sie können nicht gut ausdrücken, was sie wirklich möchten. Wenn wir unsere Bedürfnisse und Wünsche aussprechen, geben wir dem anderen die Möglichkeit zum besseren Verstehen. Die Realität ist meist viel komplexer als Beispiele. Überprüfe daher, wie du deine Bedürfnisse ausdrückst. Vielleicht beginnst du viele Aussagen mit: „Ich mag es nicht…“. „Ich kann es nicht leiden, wenn …“. Mich stört es, wenn …“ beginnen. Bedürfnisse sind immer positive Ausdrücke. Z.B. „Mir ist Ordnung wichtig.“

In unserem Beispiel: „Mir ist wichtig, dass wir unsere Parkordnung einhalten.“

Schritt 4: Konkrete Bitte formulieren. Diese muss positiv formuliert und sachlich überprüfbar sein, sonst ist es ein frommer Wunsch, der nicht erfüllbar ist und zum nächsten Konflikt führen wird. Nachdem Konflikte meist durch verschieden Sichtweisen und Standpunkte entstehen, ist es oft notwendig, darüber zu verhandeln, wie eine Bitte erfüllt werden soll. In jeder Verhandlung soll die Regel: „Beziehung geht vor Sachergebnis“ immer im Vordergrund stehen. Dann können gute Ergebnisse erzielt werden, mit denen beide Seiten zufrieden sind.

Beispiel: Bitte benutze deinen eigenen Parkplatz.

Damit dieses 4-Schritte Programm in der Praxis gut umgesetzt werden kann, ist etwas Übung notwendig und eine Grundhaltung der Wertschätzung. Nach Rosenberg tun die meisten Menschen nicht etwas gegen den anderen, sondern was sie tun, tun sie für sich. Und dabei kommen sie sich oft genug in die Quere.